Rheinhessen 2004

Weinreise Rheinhessen vom 28.04. – 02.05.2004
Ekkehard Radünz

Unser Reiseziel heißt zwar Rheinhessen, liegt aber in Rheinland-Pfalz.

Unsere diesjährige Weinreise führte uns nach Flonheim-Uffhofen, einem beschaulichen Weinbauörtchen. Rheinhessen ist das weiträumige Weinland zwischen Mainz, Worms, Alzey und Bingen, im Norden und Osten durch den großen Rheinbogen umschlossen. Rheinhessen ist mit seinen 26.500 ha Rebfläche das größte deutsche Weinbaugebiet. Es sind nicht nur die Rieslinge vom Rhein, die für Furore sorgen, auch die Traditionssorte Silvaner macht wieder von sich Reden. Die anderen klassischen Sorten – vor allem die Burgunder oder die Rotweinsorten – sind ebenfalls mächtig im Kommen. Gerade bei den Rotweinsorten erlebt Rheinhessen einen richtigen Boom. Nahezu 25% der Rebflächen sind inzwischen mit Dornfelder, Spätburgunder, Portugieser & Co. bepflanzt.

Die Qualitätsanstrengungen der rheinhessischen Winzer sind enorm und sie werden bei Prämierungen und Wettbewerben mit grandiosen Erfolgen gekrönt. Gerade die junge Winzergeneration macht mit internationalem Drive enorme Qualitätsfortschritte, ohne dabei die regionale Seele, das Terroir, ihrer Weine zu vergessen.

Diese Entwicklung hat 24 Mitglieder der Weinfreunde vom Hellweg e.V. aus Unna  auf eine Weinreise nach Rheinhessen neugierig gemacht.

Standquartier war das Landhotel – Weinrestaurant Espenhof. Das wohl schönste Gebäude in Uffhofen, der ehemalige Gasthof „Post“, ist von der Familie Espenschied vor einigen Jahren erworben und mit viel Geschmack großzügig zu einem Landhotel umgebaut worden.

Am Ankunftstag wurden die Teilnehmer der Weinreise am frühen Nachmittag durch den Vorsitzenden der Weinfreunde vom Hellweg und Organisator der Reise, Reiner Schäfer und seiner Frau Heidi bei Kaffe und Kuchen im Innenhof des Hotels freudig begrüßt.

Nachdem die Zimmer bezogen waren, ging es auf eine erste Weinbergswanderung unter sachkundiger Führung des Winzers und Hoteliers Wilfried Espenschied. Die Weinfreunde erfuhren viel über Pflege des Weinbergs und vor allen Dingen über Erntemethoden. Der Winzer Espenschied ist ein überzeugter Anhänger des Vollernters. Diese Technologie ersetzt ca. 120 Arbeitskräfte und macht den Winzer bei der Ernte unabhängiger und schneller. Diese Einstellung wird – wie wir bei der weiteren Weinreise erfahren konnten – bei weitem nicht von allen Winzern geteilt. Ganz im Gegenteil ! viele Winzer schwören auf die bewährte Lese von Hand. In der Zeit von 6 Uhr bis 8 Uhr in der Früh bringt der Winzer Espenschied  mit der Vollerntemethode Trauben mit einer Ergiebigkeit von 10.000 Litern ein.

Mittags wird dann der Rotwein geerntet.

Unsere Weinbergswanderung führte uns durch den Flonheimer Adelberg, wo traditionell hervorragender Wein wächst. Herr Espenschied lehrt uns: „Teuer ist nicht gleich gut !“

Kellerwirtschaft, Hygiene, d.h. größte Sauberkeit und natürlich das Terroir sind ausschlaggebend für die Qualität des Weines.

Die Böden im Flonheimer Gebiet bestehen überwiegend aus Löß, auf dem alle Weinsorten wunderbar gedeihen. Das Ergebnis unserer Weinbergswanderung war vor allem das Erlebnis in der Natur bei gleichzeitiger Erkenntnis der logischen Zusammenhänge zwischen Natur und Anbautechnik.

Den Abschluss unserer Weinbergswanderung krönte eine Weinprobe auf dem Weingut Espenhof unter der fachkundigen Leitung von Wilfried Espenschied, unterstützt durch seine bildhübsche Tochter, der Flonheimer Weinkönigin 2002/ 2003, Lena Marie I..

Traditionell wurde bei jeder Weinprobe auf der gesamten Weinreise von allen Teilnehmern eine Bewertung vorgenommen, die von unserem Weinfreund Peter Schampera durchgeführt wurde. Von den 8 verkosteten Weinen des ersten Reisetages erhielt der 2002er Spätburgunder trocken, blanc de noir die höchste Punktzahl.

Am 2. Tag begann die Weinreise nach einem ausgiebigen Frühstück mit einer Busfahrt nach Nierstein. Die Fahrtzeit nutzte Reiner Schäfer, um uns auf den Tag einzustimmen und in das Weinanbaugebiet Rheinhessen mit seiner Rebvielfalt einzuführen. Von den 13 deutschen Anbaugebieten ist Rheinhessen das größte Anbaugebiet, bekannt vor allem durch den Silvaner.

Früher war Rheinhessen vor allem bekannt durch Weine wie z,B. „Liebfrauenmilch“. Diese Massenweine haben dazu geführt, dass Rheinhessen als Weinanbauland einen immer schlechteren Ruf erhielt und sich somit auch Absatzprobleme einstellten. Die junge Winzergeneration hat mächtig aufgeräumt und frischen Wind eingebracht. Heute werden weltweit alle erfolgreichen Weißweine nach den Prämissen der schonenden Traubenverarbeitung und kühlen Vergärung vinifiziert.

Unser 1.Stop ist Nierstein – auch die Perle an der Rheinfront genannt – und bekannt durch seine Steillagen, z.B. ‚Roter Hang‘.

Vor dem Weingut Eugen Wehrheim werden wir empfangen von dem heutigen Eigentümer – Klaus Wehrheim und seiner Frau. Die Familie Wehrheim baut bereits seit dem Jahre 1693 Wein an und bewirtschaftet heute ca. 12,6 ha. Weinbaufläche. Hier gedeihen eine Rebenvielfalt wie Riesling, Silvaner, Müller-Thurgau, Gewürztraminer, Scheurebe, Siegerrebe, Faberrebe, Huxelrebe, Kerner, Morio-Muskat, Portugieser sowie  Spätburgunder. Durchschnittlich wird 1Ltr. pro Stock geerntet. Höhere Erträge sind zwar möglich, werden aber aus Qualitätsgründen nicht angestrebt.

Nach einem ersten Begrüßungstrunk auf dem Weingut Wehrheim nahmen die Weinfreunde ihre Plätze ein zur rollenden Weinprobe. Mit 2 typischen Weinbautraktoren, die Anhänger zogen,auf denen Bänke und Tische montiert waren, ging es zunächst durch den Ort Nierstein hinauf auf die steilen Hänge mit herrlichem Blick auf das Rheintal. Der Winzer selbst steuerte einen Traktor und hielt an vielen Anbauplätzen, deren Weine es zu verkosten galt. Insgesamt wurden 14 Weine verkostet!! Eine Mittagsrast mit herzhaftem Bissen und schackhaftem Wein machte die Fahrt rundum zu einem Natur- u. Weinerlebnis.

Von allen verkosteten Weinen wurde der 2003er  Niersteiner Findling, Siegerrebe-Auslese von den Weinfreunden prämiert.

Nach kurzer Busfahrt führte uns das Nachmittagsprogramm in die berühmte Kaiser-Pfalz Ingelheim am Rhein. Die Pfalz zu Ingelheim wurde um 800 n.Chr. von Karl dem Großen erbaut. Bis ins hohe Mittelalter war sie Residenz für Kaiser und Könige und immer wieder Schauplatz glanzvoller Reichstage. Archäologische Ausgrabungen belegen den Umbau der Anlage im 10. Jahrhundert mit der Errichtung einer großen Pfalzkirche – der heutigen Saalkirche. Die Befestigungsmauern und ein großer Wehrturm ( Bolanda ) gehen auf den Ausbau zur Reichsburg durch Friedrich dem I. Barbarossa im 12. Jahrhundert zurück.

Nach einem sehr interessanten fachkundigen Rundgang durch die Kaiserpfalz führte uns ein kurzer Weg per Bus durch Ingelheim zu dem Weingut Rodensteiner Hof – Julius Wasem & Söhne. Hier betreibt seit 1726 die Familie Wasem nachweislich Weinbau. In der 3. Generation lebt und arbeitet die Familie im Rodensteiner Hof, einst Sitz des Adelsgeschlechtes Ritter Hund von Saulheim und seiner Frau, Katharina, geb. von Rodenstein.

Aus dem Rodensteiner Hof ist inzwischenein moderner Betrieb geworden, in dem die alte Bausubstanz neben modernster Technik erhalten und gepflegt wird.

Geführt wird das Weingut heute von 3 Brüdern, für die Individualität und Qualität an erster Stelle stehen. Während einer Verkostung in einem baulich wunderschönen Probierraum erläuterte der Winzer die Bedeutung der naturnahen und umweltbewussten Pflege der Weinberge.

Maxime ist: weniger Lesegut bei besserer Qualität!   Z.Zt. bewirtschaftet die Großfamilie eine Gesamtfläche von 34 ha. Weinbergen. Auf tertiärem Kalkstein, bzw. auf Löß und Flugsand lagern sandige oder steinige und tonige Lehmböden. Die warmen und leichten Böden in Hanglage sind optimale Standorte für Rotweine – besonders für den Spätburgunder. Die schweren und nachhaltigen Böden sind ideal für Weißweine von besonderem Charakter.

Von den 8 zu  verkostenden Weinen erhielt der 2002er Saint-Laurent QbA trocken die höchste Punktzahl.

Den Abschluß des 2. Tages unserer Weinreise erlebten wir in Schwabenheim. In einem alten liebevoll und mit viel Geschick und Gefühl eingerichteten Hofgebäude betreibt die Familie Immerheiser den Landgasthof Engel mit angeschlossenem Weingut. Ihre Produkte vertreibt die Familie sowohl in einer angeschlossenen, modern eingerichteten Vinothek als auch zur direkten Verkostung in den gemütlichen Gasträumen des umgebauten Hofes.

Zum Spargel wurde vornehmlich der Riesling unter dem Produktnamen „Vater u. Sohn-Riesling“ verkostet. Hinter Vater u. Sohn verbergen sich Georg und Denis Immerheiser, die aufzeigen wollen, dass ein Generationenvertrag auch beim Weinbau gilt.

Am 3. Tag unserer Weinreise starteten die Weinfreunde wie üblich um 9 Uhr per Bus nach Gundheim. Auf dem Weingut Gutzler wurden wir willkommen geheißen von Gerhard Gutzler und seiner Ehefrau. Das Weingut Gutzler ist weit über Rheinhessen bekannt und hat auch im Ausland Beachtung gefunden. Die natürlichen Eigenschaften des Weines zu erhalten, ist das vornehmliche Ziel der Familie Gutzler. Mit der Aussage: „Ein großer Wein entsteht im Weinberg und nicht im Keller“, präsentiert uns Gerhard Gutzler seine ausgezeichneten Weine.

120.000 Rebstöcke auf ca. 10 ha. bewirtschaftet die Familie Gutzler.  Vornehmlich werden Riesling, der weiße und graue Burgunder, blauer Spätburgunder, Silvaner, Chardonnay und Dornfelder angebaut. Die Weine von Gutzler haben ihren Preis, denn lt. Gerhard Gutzler ist es kein Problem viel zu ernten, es ist viel schwieriger, wenig zu ernten.

Sieger der Weinverkostung durch die Weinfreunde vom Hellweg wurde der 1999er Dornfelder GS QbA (3Jahre im Barrique gelagert) zum Preis von EUR 16,30.

Weiter ging es nach Framersheim zum Weingut Dr. Hinkel. Mit einem gut gekühlten Glas Sekt wurden die Weinfreunde im Innenhof des Familienweingutes von Dr. Roland Hinkel und seiner Ehefrau herzlich begrüßt. In der Weinstube wartete eine reichhaltige und schmackhafte Brotzeit auf die Weinfreunde. Schon während des Essens mundete der Riesling-Classik und der Grauburgunder trocken ausgezeichnet. Insgesamt wurden 8 Weißweine u. Rotweine verkostet. Das höchste Bewertungsergebnis erhielt der 2002er Gau-Köngernheimer Vogelsang/ Chardonnay Eiswein. ( EUR 28,50 ) .

Weiter ging es nach Siefersheim. Hier konnten die Weinfreunde etwas Besonderes erleben.

Angeführt durch eine hübsche Kräuterhexe, konnten wir entlang eines gewöhnlichen Feldweges zahlreiche Kräuter kennenlernen und Interessantes über deren Heilwirkungen oder gar Todeswirkungen erfahren. Wer hätte gedacht, dass an einem gewöhnlichen Wegesrand Kräuter wachsen, deren Verzehr unweigerlich zum Tode führt.

Den Abschluss des langen Tages bildete ein gemütliches Beisammensein in der Straußwirtschaft Weingut Moebus. Unter freiem Himmel, bei guter Stimmung rund um das Hexenfeuer und Life-Musik mit keltischen Klängen der Gruppe Witzun mundete das deftige Essen und süffiger Wein.

Der letzte Tag der Weinreise führte uns zunächst per Bus nach Jugenheim zum Weingut Adolf Schick. Hier wurden wir von dem heutigen Inhaber Reiner Schick und seinem Betriebsleiter bei einem gut gekühlten Glas Sekt unter einem herrlich blühenden Baum begrüßt.

Mit 2 Fahrzeugen führten uns die beiden Winzer durch die nahegelegenen Weinberge. An ausgewählten Stopps wurden erste Weine verkostet. Nach einem kurzen Rundgang durch das Weingut wurden insgesamt 7 Weine verkostet. Nach Meinung der Weinfreunde erhielt der 2003er Jugendheimer Goldberg Spätlese die höchste Punktzahl.

Mittags führte uns die Fahrt weiter nach Flomborn zum Weingut Bernhard-Räder. In zwangloser Stimmung wurde hier ein Fest zum Geburtstag einer 100-jährigen Hofkastanie bei Jazz, Wein Vesper, Kuchen und Kaffee gefeiert. Jeder konnte es sich nach Belieben gut gehen lassen.

Einen Höhepunkt unserer Weinreise bildete die Weingala in unserem Stammquartier, dem Landhotel Espenhof. Mit einem vorzüglichen Galamenue verabschiedete sich das Team vom Espenhof von den Weinfreunden vom Hellweg. Der Winzer und Hotelier Wilfried Espenschied ließ es sich nicht nehmen am Essen selbst teilzunehmen und zwischen den einzelnen Gängen die von ihm ausgewählten Weine zu präsentieren. Eine besondere Überraschung war der 2001er Cabernet Dorio trocken zum Dessert, einer Cassis-Joghurt Terrine.

Nach einem letzten Frühstück am Sonntagmorgen endete eine wunderschöne Weinreise.