Ortenau 2002

1. – 5. Mai 2002 Weinreise in die Ortenau

In diesem Jahr ging die Reise der Weinfreunde in die Ortenau.

Ein Bericht von Helmut  Eichhorst:

Gutgelaunt und voller Erwartungen trafen sich am frühen Nachmittag des 1. Mai 20 Weinfreunde im Hotel Rebenhof in Zell-Weierbach zur 2. von den Weinfreunden vom Hellweg organisierten Weinreise. Das Programm versprach ereignisreiche Tage; und wir sollten nicht enttäuscht werden.

Wenn man Zell-Weierbach von Offenburg  kommend nach wenigen  Kilometern erreicht, wird man von dem Charme des alten Ortskerns und der Heiterkeit und Ruhe, wie sie so typisch sind für Dörfer, in denen der Weinbau betrieben wird, sofort eingenommen. Eine Stimmung, die die nächsten Tage prägen sollte.

Der Rundgang durch den Ort, als Einstimmung gedacht, erprobte unsere Regenfestigkeit, denn es setzte, just als wir ankamen, ein Landregen ein, der uns während der ganzen Reise als Dauergast begleitete. Der Tag klang aus mit einem gemeinsamen Abendessen im stilvoll umgebauten Restaurant „Zeller Bruck“. Hier konnten wir nicht nur gute badische Küche genießen, sondern auch erste Bekanntschaft schließen mit dem heimischen Wein, der uns die nächsten Tage in immer neuen Variationen begegnen sollte.

Am folgenden Morgen war es für machen Langschläfer schwer pünktlich um 8.00 Uhr zum Frühstück zu erscheinen. Doch das voll gepackte Programm war unerbittlich. Um 9.30 Uhr erwartete uns der Geschäftsführer der örtlichen Winzergenossenschaft zum Sektempfang. Sein Name Basler sollte uns in der Folge noch häufiger begegnen und verbindet sich für uns seit dieser Reise mehr mit Wein als mit Fußball. Was wir über die Geschichte und die Bedeutung der Genossenschaft für die örtlichen Winzer erfuhren, sollte sich mit Variationen bei dem Besuch weiterer Genossenschaften in den folgenden Tage wiederholen.  Alle Genossenschaften wurden aus purer Not in den 20iger Jahren des vorigen Jahrhunderts gegründet. Durch die Realteilung bei der Erbfolge wurden die Betriebe so klein, dass ein wirtschaftliche Bewirtschaftung nicht mehr möglich war. Das spiegelt sich heute noch in dem Umstand wider, dass der überwiegende Teil der Genossen Nebenerwerbswinzer sind. Durch strenge Auflagen und Kontrollen versuchen die Genossenschaften Qualitätsweinbau sicherzustellen. So wird vorgeschrieben, welche Reben wo zu pflanzen sind, wie hoch der Hektarertrag sein darf, wann gelesen wird und wie das Lesegut bewertet wird u.s.w.. Erstaunlich war, dass der größte Teil des Weines vor Ort im Lebensmitteleinzelhandel und in der Gastronomie vermarktet wird.

Nach dem Empfang führte uns der frisch gewählte Vorsitzende der Genossenschaft durch die Weinberge. In Erinnerung geblieben ist der herrliche Blick ins Rheintal bis nach Straßburg. Der Dauerregen zwang dazu, die unter freiem Himmel geplante Winzervesper in den Weinkeller unseres Führers zu verlegen. Dicht gedrängt zwischen Weinfässern sitzend probierten wir neuen Riesling, Weiß- und Grauburgunder, Müller-Turgau und Spätburgunder; ein Weinkanon, der in Variationen die kommenden Tage begleiten sollte. Zum Abschluß gab`s zur Verdauung Obstbrände aus eigener Herstellung.

Beim Rundgang durch das Schulmuseum in Zell-Weierbach begegneten manche unter dem liebevoll zusammengetragenem Sammelsurium mit gemischten Gefühlen wohlbekannte Relikte aus der eigenen, vergessenen Schulzeit. Es schloß sich eine launige Schulstunde an, in der wir die Erziehungskünste eines Dorfschullehrers vor 100 Jahren am eigenen Leib erleben konnten.

Der Höhepunkt des 1. Tages bildete die Rotweinprobe in der Winzergenossenschaft, bei der frischer, reichlich servierter Flammkuchen die richtige Essensgrundlage bildete. Herr Basler 2, Ortsbürgermeister und Winzer, kredenzte mit einer ansteckenden Freude am Weingenuß, viel Humor und Lebensweisheit eine lange Reihe vorzüglicher Rotweine. Und als der Abend schon fast zu Ende schien, tauchte ein Gesangsduo auf, dessen Darbietungen zwei drei begeisterte Sänger unter uns dazu animierten, aus der weinseligen Truppe ad hoc einen A-Capella-Chor zu machen. Spät wurde es und einige hatten Mühe, zum Hotel zu finden.

Am nächsten Morgen, Freitag, den 3. Mai, stand schon um 8.30 ein Bus bereit, der uns in 1 Stunde ins südlichst gelegene Weinbaugebiet von Baden, ins Markgräfler Land, brachte.

Natürlich kannten wir Sulzburg noch nicht, mit 2 ½ tausend Einwohnern eine der kleinsten selbständigen Gemeinden in Baden. Doch der Besuch lohnt sich. Wir wurden vom Bürgermeister persönlich mit heimischen Sekt im Ratssaal des in einem wunderschön restaurierten, klassizistischen Bürgerhaus untergebrachten Rathaus empfangen. Die besondere Ehre dieses Empfanges erklärte sich, als der Bürgermeister sich als BVB-Fan outete; und im Stadion in Dortmund wurde die Verbindung geknüpft. Fußball öffnet halt Türen. Nach dem Empfang führte uns der Stadtarchivar durch den Ort. Der Reichtum von Sulzburg wurde im Mittelalter durch den dort bis in die Neuzeit betriebenen Erzbergbau begründet. Eindrucksvoll war die sorgfältig renovierte, klassizistische Synagoge, die sich unauffällig in die normale Wohnbebauung einfügte, und die Zeugnis davon gibt, dass mal 40% der Bevölkerung jüdischen Glaubens war. Der Rundgang endete im Bergbaumuseum, wo die gelernten Bergleute unter uns fachsimpeln konnten.

Der Dauerregen verhinderte die geplante Wanderung zum nahe gelegenen Weinort Laufen. So legten wir die wenigen Kilometer zur Winzergenossenschaft Laufen mit dem Bus zurück. Attraktionen des Ortes sind neben der Genossenschaft die Staudengärtnerei der Gräfin von Zeppelin und zwei Michelin-Sterne verdächtige italienische Lokale. Zunächst stand eine Kellerführung und Weinprobe auf dem Programm, dann folgte die Besichtigung der Gärtnerei. Der Tag wurde, bevor wir nach Zell-Weierbach zurückfuhren, in der Light-Version eines der Gourmettempel beschlossen.

Boten die ersten zwei Tage schon reichlich Gelegenheit , Weine zu probieren, so verlangte der letzte Tag das volle Stehvermögen der Teilnehmer. Um 8.45 Uhr stand der Bus bereit, um uns durch die Ortenau zu fahren. Ein Prädikatsweingut und drei Winzergenossenschaften standen auf dem Programm. Daß man nicht unbedingt groß sein und teure Önologen beschäftigen muß, um Spitzenweine zu produzieren, erlebten wir beim Weingut Andreas Laible. Etwas unsicher stiegen wir in dem kleinen Hof aus unserem Bus. Vor dem unscheinbarem Anwesen wurden wir von dem Juniorchef empfangen. Fast entschuldigend führte er uns durch den Betrieb. Und tatsächlich, verglichen mit dem Maschinenpark und den Großtanks der Großkellereien, wirkte alles wie eine Spielzeugausgabe eines Weingutes. Beim Rundgang erschloß sich aber etwas von dem Erfolg des Gutes. Er resultiert neben den guten Lagen aus einer strikten Mengenbegrenzung und der sorgfältigen, differenzierten Vinifizierung auch kleinster Lagen und Mengen. Der Aufwand lohnt sich: Die Ernte ist verkauft, kaum dass sie abgefüllt ist.

Es folgte die Besichtigung der Winzergenossenschaften Durbach, Waldulm und Sasbachwalden „Alde Gott“. In allen Fällen wurden uns die Betriebe engagiert und sachkundig von den Geschäftsführern vorgestellt. Bei der letzten Genossenschaft fiel uns ein frischer, süffiger Rivaner so angenehm auf, dass wir ihn beim anschließenden Mittagessen im benachbarten, vorzüglichen  Restaurant „Engel“ weitergetrunken haben.

Nach der Rückkehr nach Zell-Weierbach blieb uns kaum Zeit, um uns auf den Besuch des Gourmetfestivals anlässlich der Badischen Weinmesse einzustellen. Mit dem öffentlichen Bus ging es um 18.00 Uhr zur Messehalle nach Offenburg. Gutes Essen zu passablen Preisen, Wein, soviel man trinken mochte und Gesangs- und Tanzeinlagen bildeten den Abschluß eines langen, erlebnisreichen Tages.

Als die Gruppe am nächsten Morgen auseinander ging, regnete es immer noch. Es störte uns kaum noch. Wir reisten ab in der Gewissheit, drei schöne, ereignisreiche Tage verlebt zu haben. Wir hoffen auf eine weitere Weinreise im nächsten Jahr. Unser Dank gilt Reiner und Heidi Schäfer für die sorgfältige Vorbereitung der Reise und die umsichtige Reiseleitung.